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„Citizen Queer“ beim 26. Thessaloniki International Documentary Festival

Seit dem 15. Februar 2024 ist Griechenland das erste mehrheitlich christlich-orthodoxe Land, das gleichgeschlechtliche standesamtliche Ehen ermöglicht. Die parteiübergreifend durchgesetzte parlamentarische Entscheidung gegen den Widerstand der Kirche markiert einen historischen Moment für die LGBTQI+-Gemeinschaft in Griechenland. Das 26. Thessaloniki International Documentary Festival (vom 7. bis 17. März 2024) ist nah am Puls der Zeit und feiert im Rahmen des Festivals mit der Hommage „Citizen Queer“ bahnbrechende Dokumentarfilme, die das weltweite queere Kino geprägt haben – von alltäglichen Geschichten bis zu entscheidenden Momenten in der LGBTQI+-Geschichte.

Die Filme-Reihe wird kuratiert von Maria Cyber (Griechenland), einer der ersten lesbischen Aktivistinnen in der griechischen LGBTQI+-Szene und Gründerin des legendären Outview Festival; Rico Johnson-Sinclair (UK), Gründer des berühmten CineQ Queer Festival und Inklusionspraktiker bei Filmfestivals wie der Berlinale und Cannes; und Simon(e) van Saarloos (Niederlande), Schriftsteller:in, Kurator:in und bildende:r Künstler:in. Die insgesamt 33 Filme der Hommage werden von Aktivist*innen, Künstler*innen und Wissenschaftler*innen vorgestellt und mit dem Publikum diskutiert. Der Bogen der Filme spannt sich vom 1968 entstandenen Drag-Queen-Contest-Film The Queen von Frank Simon über Monika Treuts wegweisenden Transgender-Film Gendernauts von 1996 bis zu thematisch topaktuellen Filmen wie Tilos Weddings (2022) von Panayotis Evangelidis.

Panayotis Evangelidis, ansässig in Athen, ist ein vielseitiger Künstler – Drehbuchautor, Autor und Übersetzer – und furchtloser Filmemacher, der die Sichtbarkeit von LGBTQI+ thematisiert. Seine Dokumentarfilme schälen jenseits von gesellschaftlichem Mainstream und Konventionen die universelle menschliche Essenz des Zusammenlebens heraus. Das Festival präsentiert sieben seiner Filme, darunter Irving Park (2019) und They Glow in the Dark (2012) sowie seine neuesten Werke Sylvia Robyn (2024) und A Portrait of the Collector as a Mature Man (2023). Seine wegweisende Arbeit verwebt persönliche Erzählungen mit gesellschaftlichen Themen und betont die Notwendigkeit von Veränderung. Das Festival würdigt Evangelidis mit einem Goldenen Alexander für sein Gesamtwerk.

[Irving Park – Regie: Panayotis Evangelidis]

Evangelidis‘ Tilos Weddings (2022) richtet das Augenmerk auf die ersten gleichgeschlechtlichen Hochzeiten in Griechenland, die im Jahr 2008 auf der Insel Tilos stattfanden. Dieser Dokumentarfilm ist von entscheidender Bedeutung für die Geschichte der LGBTQI+ Rechte in Griechenland und dient als historische Aufzeichnung und Zeitzeugenaussage für kommende Generationen. Im Jahr 2008 stimmte der Bürgermeister der Ägäis-Insel Tilos zu, die ersten gleichgeschlechtlichen Zivilehen Griechenlands durchzuführen.

Irving Park (2019) entfaltet die Geschichte von vier schwulen Männern in ihren 60ern, die in Chicago in einer Master-Sklave-Hausgemeinschaft leben. Eine unkonventionelle Familie, die auf der Einwilligung beruht, die persönliche Freiheit zugunsten der Wünsche des anderen zu opfern. Der Film gewann den Mermaid Award beim 21. Thessaloniki International Documentary Festival.

In They Glow in the Dark (2012) stehen Michael und Jim im Fokus. Zwei mittelalte schwule Freunde, die trotz finanzieller Schwierigkeiten und HIV-Erkrankung versuchen, in post-Katrina New Orleans zu überleben. Der Film gewann den FIPRESCI Award beim 15. Internationalen Dokumentarfilmfestival Thessaloniki.

Griechische Dokumentarfilme stehen im Mittelpunkt des Thessaloniki International Documentary Festival. Während der 26. Festivalausgabe werden 67 Lang- und Kurzdokumentarfilme aus Griechenland in den drei Wettbewerbssektionen Internationaler Wettbewerb, Newcomers und Film Forward und weiteren Programmreihen gezeigt. Insgesamt werden im Rahmen des 26. TiDF 250 internationale Dokumentarfilme zu sehen sein, darunter eine beeindruckende Anzahl von 112 Weltpremieren, internationalen und europäischen Premieren.

Wie jedes Jahr bietet das Festival neben dem umfangreichen Filmprogramm mit TiDF Agora eine Plattform zur Vernetzung und Zusammenarbeit für Dokumentarfilmer*innen von morgen mit einer Reihe von Aktionen wie das Thessaloniki Pitching Forum, Docs in Progress, Agora Lab, Meet the Future, Agora Talks, Talking Heads usw.

[They Shot the Piano Player – Regie: Fernando Trueba]

Eröffnet wird das 26. TiDF mit dem animierten Musik-Dokumentarfilm They Shot the Piano Player (2023) von Fernando Trueba. Der spanische Regisseur wird persönlich anwesend sein, den Film präsentieren und den Goldenen Alexander des Festivals für seinen Beitrag zum Kino und zur Kultur erhalten. Sein Film Belle Époque (1993) gewann den Academy Award als bester fremdsprachiger Film. The Girl of Your Dreams (1998) wurde mit sieben Goya Awards ausgezeichnet und zu einem der erfolgreichsten Filme des spanischen Kinos in den 90er Jahren. Kürzlich hat Trueba die Dreharbeiten zu Haunted Heart in Griechenland abgeschlossen, mit Matt Dillon in der Hauptrolle und in Zusammenarbeit mit Blonde SA.

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