Das 24. Thessaloniki Documentary Festival (TDF) wird am 10. März als wieder als vollwertiges Präsenzfestival in den Kinosälen der Stadt stattfinden. Das ist schön – und die Vorfreude, vor Ort in Griechenland zu sein, ist groß. Doch gerade schaut die Welt auf die Ukraine:
Thessaloniki International Film Festival is shocked to watch the latest developments in Ukraine and wishes to express its solidarity to the people so brutally by war. With a profound faith in the power of peace, human values, culture and international law, we make a plea for the immediate cease of the war conflict..
TDF Presseerklärung 25.2.2022
>>With our eyes set on Ukraine<<
Im Rahmen des Festivals werden drei Dokumentarfilme gezeigt, die angesichts des Kriegsausbruchs vor Augen führen, was in der Region in den letzten Jahren schon gewaltsam übergekocht ist:
Das Regiedebüt Trenches des französischen Kriegsreporters Loup Bureau, zeigt das Leben an den Frontlinien des bewaffneten Konflikts im Donbass seit 2014.
A House Made of Splinters fokussiert sich auf Sozialarbeiter in der Ostukraine, die versuchen Kindern inmitten der kriegerischen Zerstörung Sicherheit zu geben. Der dänische Regisseur Simon Lereng Wilmont wurde 2018 beim TDF mit dem Goldenen Alexander für seinen Film The Distant Barking of Dogs ausgezeichnet, der auch schon die Kinder in der Ostukraine in den Mittelpunkt gestellt hat.
F@ck This Job von Vera Krichevskaya beobachtet über 13 Jahre die Geschichte von Natasha und ihres Senders Doshd TV, einem der letzten unabhängigen TV-Sender in Russland, der seit 2014 über die russischen Aggressionen in der Ukraine berichtet hat – und am 3.3.2022 (hoffentlich nicht) zum letzten Mal gesendet hat. F@ck This Job – Abenteuer im russischen Journalismus ist aktuell auch in der ARD-Mediathek zu sehen.
Der Film-Marktplatz in Thessaloniki ist wieder lebendig
Anders als bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin, wo der professionelle Filmmarkt für Filmeinkäufer und Filmemacher im Rahmen des Festivals auch 2022 nur digital zugänglich war, wird der Film-Markplatz in Thessaloniki wieder mit Filmschaffenden vor Ort bevölkert sein. Auf dem Programm stehen der Agora Doc Market mit mehr als 350 fertiggestellten Dokumentarfilmen im Angebot, die Agora Docs in Progress mit Filmen kurz vor der Fertigstellung, die den Branchenbesuchern präsentiert werden. Das Thessaloniki Pitching Forum bietet eine Plattform für Filmemacher auf der Suche nach Koproduzierten und Filmfinanzierung. Darüber hinaus werden Workshops, Gesprächsrunden und Masterclasses angeboten rund um das Dokumentarfilme-Machen angeboten.
Drei Wettbewerbs-Sektionen und viele Filmreihen
Die drei dotierten Wettbewerbs-Sektionen des Festivals mit je einem Dutzend Filme (International Competition, Newcomers Competition und >>Film Forward Competition) warten bei dieser 24. Festivalausgabe mit mehr Welt-, Europa- und internationalen Premieren auf, als frühere Festival-Jahrgänge.
Im Internationalen Wettbewerb ist mit Anima – Die Kleider meines Vaters auch ein deutscher Beitrag dabei. Uli Deckers persönlicher Film über Familiengeheimnisse und Gender-Rollen wurde im Januar beim Max Ophüls Festival als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet und hat zugleich den Publikumspreis gewonnen.
Mit im Rennen um den mit 12.000 € dotierten Goldenen Alexander finden sich unter anderem Ramin Bahranis 2nd Chance (USA), Turn Your Body To The Sun von Aliona van der Horst (Niederlande) und Young Plato von Declan McGRATH & Neasa Ní Chianáin (GB, Irland, Frankreich, Belgien) sowie auch drei griechische Produktionen.
Auch in den beiden anderen Wettbewerbs-Sektionen Newcomers Competition und >>Film Forward Competition sind jeweils drei griechische Filme vertreten. Insgesamt werden 93 abendfüllende und kurze griechische Filme zu sehen sein. Ein umfassender Einblick in das aktuelle Dokumentarfilmschaffen in Griechenland.
Außerdem steht eine Filmreihe mit dem Werk der lettischen Filmemacherin Laila Pakalnina mit 19 Filmen auf dem Programm. Sowie ein Fokus auf die finnische Filmemacherin Virpi Suutari mit sechs ihrer Filme.
Darüber hinaus bietet das breitgefächerte internationale Programm in Thessaloniki (insgesamt stehen über 230 Lang- und Kurzfilme auf dem Programm) auch immer die Gelegenheit, einige Festival-Perlen zu sehen, die man vielleicht in Leipzig oder Amsterdam verpasst hat. In den Kinosälen auf den Hafen-Piers der Stadt im Angesicht des Olymp ist das immer wieder großes Kino.
Ich freue mich auf die Rückkehr zum Festival!
–––––––––––––––– Rückblende: vor 2 Jahren ––––––––––––––––
Das Internationale Dokumentarfilmfestival in Thessaloniki war im März 2020 das erste Filmfestival weltweit, dass wegen Corona nicht wie gewohnt stattfinden konnte. Mein Flug war schon gebucht. Die Vorfreude groß. Ich saß seit Januar 2020 im Schneideraum an der Montage von Heil Dich Doch Selbst. Ende Februar bis zum 1. März war meine Regisseurin noch auf der Berlinale. Ab 5. März sollte ich dann mit meinem Ausflug nach Thessaloniki in den Filmfestival-Genuss kommen. Doch am 2. März kam die offizielle Absage. Das Festival hat dann im Mai als Online-Ausgabe stattgefunden – und ich habe derweil am Dokumentarfilm weitergearbeitet.
––––––––– Match Cut: heute, genau 2 Jahre später ––––––––––
März 2022: Der Film, an dem ich gearbeitet habe, steht kurz vor seinem Kinostart. Der Flug nach Thessaloniki ist gebucht.
—————— Plot Twist: 1 Tag vor Festivaleröffnung ———————
9.3.2022 – Change of Plans: COVID-Quarantäne statt Thessaloniki …