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GNADE

Wuchtiges Psychodrama in düsterer (Seelen-)Landschaft

GNADE | Regie: Matthias Glasner | D, NO 2012

Unbarmherzige Winterlandschaft, mystisches Licht, düstere Symbolik und eine Filmheldin, die Lars von Triers Golden-Heart-Trilogie entsprungen sein könnte: herzensgut und vom Schicksal geprüft. Der deutsche Regisseur Matthias Glasner wuchtet großartige Bilder und bleischwere Emotionen auf die Leinwand, ganz ernsthaft, ironiefrei und ohne Angst vor großen Gesten und Gefühlen. Ganz so, wie es der Däne Lars von Trier einst in Breaking the Waves getan hat.

Glasners Gnade ist ein bildgewaltiger Parforce-Ritt auf die dunkle Seite einer längst erloschenen Paar-Beziehung, die sich im Dämmerlicht der Polarnacht schicksalhaft neu entzündet. Eine symbolschwere Studie um Schuld und Vergebung. Vor schweren, kontroversen Themen ist der Regisseur schon in seinen bisherigen Filmen nicht zurückgeschreckt. In Glasners Der freie Wille (2006) spielte Jürgen Vogel einen Vergewaltiger, in This is Love (2009) einen Pädophilen. Auch in Gnade ist er nicht gerade der Sympathieträger:

Niels (Jürgen Vogel) und Maria (Birgit Minichmayr) wandern gemeinsam mit ihrem Sohn nach Norwegen aus. Ein Schritt, von dem sich Maria eine letzte Rettung ihrer Beziehung erhofft. Aber auch Sprachbarrieren, Kälte und Dunkelheit nördlich des Polarkreises halten ihren triebgesteuerten Mann nicht davon ab, Karrieresprung mit Seitensprüngen zu verbinden. Auf der Erdgasverflüssigungsanlage bellt der Ingenieur den Arbeitern seine Kommandos auf Englisch entgegen und ist schnell mit einer norwegischen Kollegin zugange.

Seine Frau dagegen benimmt sich fast wie eine Heilige: Maria arbeitet hingebungsvoll in einem Sterbehospiz, hat selbstverständlich die schwierige Sprache gelernt und übernimmt Sonderschichten für ihre Kolleginnen. Bis sie eines Nachts übermüdet etwas überfährt und im Schock Fahrerflucht begeht. Niels geht ihren Befürchtungen nach, dass es ein Mensch gewesen sein könnte, entdeckt aber nichts an der Unfallstelle. Maria will den Unfall verheimlichen – auch als zwei Tage später in der Zeitung steht, dass ein Mädchen überfahren wurde. Und dann geschieht das unglaubliche: Die beiden rücken unter der Last der Schuld näher zusammen und sind glücklich miteinander. Wie lange kann das gut gehen? Darf das überhaupt sein?

 

[Kirsten Kieninger, in anderer Form erschienen in der RNZ am 18.10.2012]

Filmdaten:

Titel: Gnade
Produktionsland: Deutschland, Norwegen
Produktionsjahr: 2012
Länge: 132 Min.
Verleih: Alamode Filmverleih
Kinostart: 18.10.2012
Regie: Matthias Glasner
Drehbuch: Kim Fupz Aakeson
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Montage: Heike Gnida
Musik: Homesweethome
Hauptdarsteller: Jürgen Vogel, Birgit Minichmayr, Bjørn Sundquist, Henry Stange, Ane Dahl Torp

 

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