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OKKAR EIGIN OSLÓ – Eröffnungsfilm des 60. IFFMH

Das 60. Intern. Filmfestival Mannheim-Heidelberg startet mit einer Komödie aus Island

OKKAR EIGIN OSLÓ | Regie: Reynir Lyngdal |Island 2011

Der Eröffnungsfilm des 60. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg ist passenderweise eine Komödie aus Island. Das passt zum einen, weil Komödien sich immer gut für Eröffnungs-Galas eignen, sie sind der Feierlaune zuträglich. Das passt auch deshalb, weil Island gerade Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse war und das kleine Land außer vielen großen Schriftstellern auch einige gute Regisseure hervorbringt – obwohl dort kaum mehr als 10 Spielfilme pro Jahr entstehen. Mit Okkar Eigin Osló/ Oslo wird immer uns gehören feiert sozusagen ein ganzes Zehntel der isländischen Spielfilmproduktion 2011 internationale Premiere im Heidelberger Schlossgarten.

Im isländischen Nationalpark Thingvellir nimmt die schräg-romantische Geschichte des Debütfilms von Reynir Lyngdal ihren Lauf mit Hindernissen. Ein jeder schleppt sein Päckchen aus der Vergangenheit mit sich, Harald (Thorsteinn Gudmundsson) hat gleich ein ganzes Sommerhaus da stehen. Und ausgerechnet dorthin nimmt er Vilborg (Brynhildur Guðjónsdóttir) mit. Dabei hat der schüchterne Ingenieur die leicht überspannte Bankangestellte gerade erst auf einer Geschäftsreise in Oslo kennengelernt. Besser gesagt: die fröhlich angetrunkene Vilborg hat ihn sich für eine Nacht angelacht, nachdem ihre volltrunkene Freundin ihn zunächst so richtig angekotzt hat.

Doch Harald ist stoisch im Nehmen, fast zu gut für diese Welt und will Vilborg wiedersehen. Kaum treffen sie sich wieder, wird Harald Zeuge wie Vilborgs Leben völlig aus den Fugen gerät. Also bietet er ihr an mit ins Sommerhaus zu kommen. Als Organisator und „Mädchen für alles“ schmeißt er sich in seinen Sommerhaus-Verein-Overall und auf gehts in die Landidylle mit Angeln, Akkordeon und Alkohol, aber auch mit verstopften Chemo-Klos. Die Annäherung der beiden wird allerdings vor allem dadurch ausgebremst, dass Harald mit seiner gutmütigen bis ungeschickten Art versucht, es allen recht zu machen. Mit dem Effekt, dass im Sommerhaus bald nicht nur Harald und Vilborg, ihr präpubertärer Sohn und seine retardierte Schwester, sondern auch noch ihr Ex, seine verwitwete Mutter, ein alter Freund der Familie und allerhand dunkle Geschichten aus der Vergangenheit aufeinander prallen. Die daraus entstehenden Situationen am Rande der alltäglichen Peinlichkeit tragen mit ihrer Mischung aus Witz, Verschrobenheit und Melancholie den Film leichterdings über die eine Untiefe in seinem Zentrum hinweg: zwischen den beiden Hauptdarstellern könnte es gerne etwas mehr knistern. Dafür sind die gewitzten Dialoge (das Drehbuch stammt von auch von Hauptdarsteller Thorsteinn Gudmundsson) streckenweise ein wahres Feuerwerk – langsame Untertitel-Leser müssen sich ranhalten, wollen sie keine Pointe verpassen.

Kirsten Kieninger – der Text ist in anderer Form erschienen in der RNZ vom 11.11.2011

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